SPDqueer Pankow zum Koalitionsvertrag von CDU und SPD

Veröffentlicht am 11.04.2023 in Berlin

In den vergangenen Tagen haben wir uns als Kreisvorstand, auch im Rahmen eines Mitgliederforums, intensiv mit dem Koalitionsvertrag und der Frage der Koalitionsbildung mit der CDU auseinandergesetzt. Das Koalitionspapier hat zur Rubrik `Regenbogenhauptstadt ́ seine positiven Seiten, allerdings auch queerpolitische Schwachstellen und blinde Flecken.

- In der schwarzroten Koalition sollen Senatskanzlei sowie die Senatsverwaltungen für Finanzen und für Justiz der CDU zufallen, während die SPD eine ausgedünnte Senatsverwaltung für Inneres erhält – diese Verteilung der Ressorts finden wir sehr problematisch. Der Koalitionsvertrag verspricht viel und sieht zu hohe Ausgaben vor, sodass selbst die Aufnahme von Krediten im Gespräch ist. Die CDU stellt sich jedoch gern als solide Haushälterin dar und es ist klar, bei welchen Projekten die unionsgeführte Senatsverwaltung für Finanzen den Rotstift ansetzen wird.
 
- Im Koalitionsvertrag wird zwar darauf hingewiesen, dass sich die schwarzrote Koalition auf Bundesebene für das Selbstbestimmungsgesetz sowie die Aufhebung des Blutspendeverbots und sogar für die zustimmungspflichtige Ergänzung von Art 3 GG um die sexuelle Identität einsetzen wird – jedoch herrscht hinsichtlich der Verantwortungsgemeinschaft dröhnendes Schweigen. Die Verantwortungsgemeinschaft wurde maßgeblich von queeren Genoss:innen aus Pankow vorangetrieben und hat es von hier aus sogar in das Koalitionspapier der Ampel geschafft. Mit der CDU und ihrer konservativen Familienpolitik sehen wir dieses Projekt aber massiv in Gefahr.
 
- Dass diese Koalition auf Landesebene eine:n Queerbeauftragte:n für die Akzeptanz und sexuelle Vielfalt einführen will, gilt als Leuchtturmprojekt. Allerdings handelt es sich dabei um ein politisch wenig einflussreiches Amt.
 
- Laut Koalitionspapier wird zwar eine stärkere Projektvielfalt angestrebt, vor allem mit Blick auf die Außenbezirke. Allerdings sollen bestehende Förderinstrumente geprüft werden – und diese Prüfung unterliegt nicht zuletzt dem Finanzressort und demnach der CDU. Es ist nicht auszuschließen, dass die bestehenden Förderinstrumente als ausreichend bewertet werden. Da es während der rot-schwarzen Koalition 2011-16 queerpolitisch oft genau dann schwierig wurde, als es um die konkrete Umsetzung der vereinbarten Projekte ging, ist aus unserer Sicht hier ein weiterer Grund für große Bedenken.
 
- Im Sinn des Koalitionspapiers kann eine vielfältige Stadtgesellschaft nur durch ausreichende Sicherheit gewährleistet sein. Der Einsatz von Überwachungskameras im öffentlichen Raum ist aus sozialdemokratischer und vor allem queerpolitischer Sicht kritisch. Zudem möchte die Koalition verdachtsunabhängige Konrollen ermöglichen – diese Kontrollen ermöglichen nicht nur `Racial Profiling ́, sondern auch `Queer Profiling ́.
 
- Die berlinweite Einführung des Wahlpflichtfachs Religion konterkariert die queerpolitischen Ansätze der Rubrik `Regenbogenhauptstadt ́ und führt die vorher beschriebene offene, tolerante und „queerfreundliche“ Haltung geradezu ad adsurdum.
 
Das schwarzrote Koalitonspapier hat trotz allem einige Schwachstellen. Wir sind daher zu der Überzeugung gelangt, dass der Koalitionsvertrag nicht ausreicht, um eine Koalition mit der CDU anzustreben.
 

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